Matflixx Material Talk: Grüner Stahl Webinar-Video mit Talkrunde

 

Matflixx-Whitepaper: Grüner Stahl

von Matflixx-Chefredakteur Armin Kalbfleisch


Wie schnell setzt sich grüner Stahl am Markt durch?


Bei grünem Stahl ist Europa eindeutig führend. Nach Angaben der renommierten Leadership
Group for Industry Transition werden bis zum Jahr 2030 auf dem „alten Kontinent“ rund 50
grüne und kohlenstoffarme Stahlprojekte entstehen. In den USA mit nur zwei aktuell bekannten
Projekten aber vergleichsweise wenig. Experten erklären die massiven Investitionen in
europäische Grünstahlkapazitäten vor allem mit dem steigenden CO2-Preis. Die CO2-Verursacher
erhalten so einen starken Anreiz, die Menge der zu erwerbenden Emissionszertifikate zu
reduzieren.

Laut Chef-Analyst Peter Fertig von MBI Research spielt dabei auch der Konsens zwischen Politikund Industrie in Europa für die höhere Umstellungsbereitschaft eine erhebliche Rolle. Hinzukommt ebenfalls noch der Druck von den Finanzmärkten, die klimaneutrale Unternehmenmit niedrigeren Kapitalkosten belohnen. Tim Milde, Head of Business Development Europebeim Duisburger Stahl- und Metallhändler Klöckner & Co, sagt dazu: „Wir beobachten, dassUnternehmen verstärkt auch daran gemessen werden, ob sie nachhaltig handeln. Dabei scheintbesonders die Relevanz von wissenschaftlich fundierten Klimazielen, die im Einklang mit denglobalen Bestrebungen zur Begrenzung der Erderwärmung stehen, stetig an Bedeutung zugewinnen.“

Auf politischer Ebene ist der Carbon Border Adjustment Mechanism (CBAM) der Europäischen
Union, der am 1. Oktober 2023 in eine Testphase eingetreten ist, ein wesentliches Instrument
beim Vorstoß in Richtung grüner Stahl. CBAM verpflichtet Importeure dazu, die Kohlenstoffsteuer
der EU auf bestimmte Importe, einschließlich Stahl, zu zahlen, wenn diese aus Ländern
stammen, in denen die Emissionen nicht in ähnlicher Weise besteuert werden. Die kostenlosen
Kohlenstoffzertifikate für EU-Stahlhersteller werden schrittweise abgeschafft, was den Druck
auf die Stahlerzeuger zur CO2-Einsparung verstärkt, während die Kohlenstoffgrenzsteuer auf
Importe eingeführt wird, um Abwanderungen zu verhindern.

 

Aus Sicht von Marktkennern wird auch die Dokumentation der Produkt-CO2-Werte für
Unternehmen in Zukunft eine immer wichtigere Rolle spielen. Denn es gilt, diese Werte verlässlich
und nachvollziehbar zu dokumentieren. Mit der DIN ISO 14067 gibt es bereits anerkannte
Standards für die Angabe von Treibhausgas-Emissionen von Unternehmen und von Produkten.
Die DIN ISO 14067 legt Leitlinien für die Quantifizierung von Treibhausgasemissionen auf
Produktebene fest. Damit bietet die internationale Norm eine einheitliche Methode zur Messung,
Berichterstattung und Prüfung des Carbon Footprint von Produkten. Sie ist weitgehend auf alle
Waren und Dienstleistungen anwendbar.


Das Ziel der Norm ist es, Unternehmen dabei zu unterstützen, die Umweltauswirkungen ihrer
Produkte zu verstehen und Maßnahmen zur Reduzierung der Treibhausgasemissionen zu
ergreifen. Experten gehen davon aus, dass sich dieser Standard durchsetzen wird.


Dies bestätigt auch Tim Milde von Klöckner & Co: „Wir sind davon überzeugt, dass sich der
Product Carbon Footprint nach ISO 14067 durchsetzen wird. Nur so können CO2-Werte
umfassend dokumentiert werden.“
Die Finanzmärkte drängen schon jetzt nicht nur die Produzenten, sondern auch
die Stahlverbraucher dazu, auf klimaneutralen Stahl zu setzen. Selbst wenn die
Produktionskapazitäten derzeit noch gering sind, so kann Klimaneutralität auch erreicht werden,
wenn die mit der grauen Stahlproduktion verbundenen CO2-Emissionen durch Einsparungen an
anderen Stellen ausgeglichen werden. Durch die Erfassung der Kosten hierfür kann bereits jetzt
grüner Stahl bepreist werden, betont MBI-Experte Peter Fertig.

Dieses Übergangsszenario ist erforderlich, denn bis zum Ende des Jahrzehnts wird erst ein
Viertel des europäischen Stahlbedarfs aus kohlenstoffarmen Quellen gedeckt werden können.
In den USA werden sogar nur 10 Prozent aus ähnlichen Projekten stammen, laut einer kürzlich
veröffentlichten Studie des Rocky Mountain Institute, einer Denkfabrik für Energiefragen. Nach
Angaben der Branchenverbände Eurofer und Worldsteel wurden im vergangenen Jahr in Europa
152 Millionen Tonnen Stahl und in den USA 80 Millionen Tonnen produziert.
Der Bedarf an einer Umstellung auf eine kohlenstoffarme Herstellung ist in Europa größer,
wo 57 Prozent des Stahls in der traditionellen Hochofenroute hergestellt und der Rest im
Elektrolichtbogen-Verfahren.

 



Das schwedische Start-up-Unternehmen H2 Green Steel hat schon Verträge zur Lieferung
von kohlenstoffarmem Stahl an IKEA, Mercedes-Benz, BMW und Scania unterzeichnet.


In den USA liegt das Verhältnis eher bei 30 Prozent Hochofenroute und 70 Prozent
Elektrolichtbogenöfen. Da aber die meisten amerikanischen Werke mit Strom aus fossilen
Brennstoffen betrieben werden, würde Europa mit seinen Investitionen die USA bei der
kohlenstoffarmen Stahlerzeugung überholen und ein viel größeres lokales Angebot an grünem
Stahl schaffen. Laut Peter Fertig ist die Stahlproduktion mittels elektronischem Lichtbogen selbst
bei Einsatz von Ökostrom derzeit noch nicht klimaneutral ist.

Auch die Nachfrage von Stahleinkäufern ist ein wichtiger Investitionsmotor. Das schwedische
Start-up-Unternehmen H2 Green Steel hat beispielsweise Verträge zur Lieferung von
kohlenstoffarmem Stahl an IKEA, Mercedes-Benz, BMW und Scania unterzeichnet. H2 Green
Steel will seine Kohlenstoffemissionen durch die Nutzung von Wasser- und Windkraft für den
Betrieb senken und rechnet mit der Aufnahme der Produktion bis Ende 2025. Grüner Stahl
ermöglicht es Automobilherstellern und anderen wichtigen Abnehmern, die in ihren Produkten
enthaltenen Emissionen zu reduzieren.

Experten gehen davon aus, dass das Angebot an CO2-reduziertem Material aufgrund der
Herausforderungen beim Übergang zu CO2-armen Produktionsmethoden kurzfristig eher knapp
bleiben wird. „Bei Klöckner & Co haben wir uns daher frühzeitig den Zugang zu signifikanten
Mengen an CO2-reduziertem Stahl gesichert und ermöglichen unseren Kunden damit den Aufbau
einer emissionsfreien Wertschöpfungskette“, betont Tim Milde.

Emissionsarmer Stahl aus europäischer Produktion wird jedoch mehr kosten. H2 Green Steel
kündigte an, einen Aufschlag von 150 Euro zu verlangen, während der schwedische Stahlhersteller
SSAB voraussichtlich das Doppelte ansetzen wird. Sobald mehr „grüne“ Produktion in Betrieb
genommen wird, sinkt auch das Preisniveau, da sind sich alle Experten einig.

 

Während Europa beim grünen Stahl die Nase vorn hat, bietet auch der Inflation Reduction
Act (IRA) in den USA enorme steuerliche Anreize für den Aufbau einer kohlenstoffarmen
Stahlproduktion. Untersuchungen des Rocky Mountain Institute legen nahe, dass das IRA
Investitionen in umweltfreundlichen Stahl fördern wird, die bis zum Jahr 2030 etwa acht
Millionen Tonnen kohlenstoffarmen Stahl oder fast 10 Prozent des US-Stahlbedarfs produzieren
würden. Die Regionen der Großen Seen, Texas oder der Pazifische Nordwesten werden als Orte
genannt, an denen grüne Stahlproduktionszentren entstehen könnten, auch wenn entsprechende
Kapazitäten für erneuerbare Energien erst noch ans Netz gebracht werden müssen.

Die USA und Europa sind zwar wichtige Stahlproduzenten, doch mehr als die Hälfte der
Weltproduktion wird nach wie vor in China hergestellt. Laut Worldsteel stammen derzeit mehr
als 90 Prozent der chinesischen Produktion aus Hochöfen. Dieser Anteil wird bis zum Jahr 2030
voraussichtlich auf 75 Prozent sinken, was bedeutet, dass kohle- und erdgasbetriebene Anlagen
wahrscheinlich weiterhin dominieren werden, erklärte kürzlich Paul Lim, Stahlredakteur für Asien
bei Fastmarkets.

Zwar gebe es Bestrebungen, effizientere Rohstoffe zu verwenden und die Kohlenstoffabscheidung
und -speicherung auszubauen, aber die Wirtschaftlichkeit von Hochöfen bedeute, dass sie für die
Produzenten die effizienteste und kostengünstigste Option blieben. „China wird sich noch lange
Zeit nicht von den Hochöfen verabschieden“, sagte Lim. Peter Fertig von MBI Research ist jedoch
nicht ganz so pessimistisch, denn selbst wenn die Uhren in China langsamer ticken sollten, so
ticken sie dennoch in die gleiche Richtung. Die Staatsregierung hat durchaus erkannt, dass die
Umweltverschmutzung in China ein Problem darstellt.

 

Die Stahlerzeugung muss im Winter in einigen nördlichen Regionen öfters eingestellt werden,
weil lokal Grenzwerte der Luftverschmutzung überschritten werden. Großereignisse in Peking
führen ebenfalls zu Produktionsstopps, um saubere Luft in der Hauptstadt zu haben. Erweist
sich der CBAM als effizient, dann könnte China Absatzmärkte in größerem Umfang verlieren.
Hinzu kommt als ein Risiko für chinesische Stahlerzeuger, dass Verbraucher ihre Lieferketten
nachweisen müssen. Dies kann wiederum den Druck seitens der Finanzmärkte verstärken, dass
Produzenten von Konsum- und Investitionsgütern nur noch klimaneutralen Stahl einsetzen.
Manche Entwicklungen brauchen vielleicht etwas länger bis sie in Schwung kommen, aber
dann geht es nicht selten weitaus rapider als gedacht. China ist hiervon nicht
zwangsläufig eine Ausnahme.

Premiere: Die Benteler-Gruppe lieferte jetzt erstmals geschweißte Präzisionsstahlrohre
aus grünem Stahl an Kunden aus.


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Fotos: Shutterstock; BENTELER Gruppe

Stand: 18. Januar 2024

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Webinar-Thema: Grüner Stahl

Präsentiert von: Chef-Analyst Peter Fertig (MBI Infosource GmbH & Co. KG)

 

Peter Fertig hat mehr als 20 Jahre Erfahrung in der Researchabteilung von Dresdner Kleinwort gesammelt und alls Chief Strategist Fixed Income die gemeinsame Verantwortung für die Flagg-Schiff-Publikation "Ahead of the Curve" getragen.

Ferner deckte er als Stratege die Rohstoffmärkte ab und beschäftigte sich sowohl mit den Bereichen Energie als auch Edel-und NE-Metalle. Zudem hielt er Präsentationen und Vorträge für institutionelle Investoren weltweit.

Er leitete mehrere Workshops in London zu quantitativen Analysen im Bereich der Rohstoffmärkte. Seit August 2014 ist Peter Fertig Kooperationspartner von MBI Research und sowohl auf dem Gebiet der Energie- als auch Metallmärkte tätig.

Unser MBI Chef-Analyst liefert Preisprognosen für die verschiedenen Energieträger, aber auch für die Stahl- und NE-Metallmärkte.
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