09.06.2023 - Schwächere Konjunktur/Die Rohstoffpreise sinken

Die Rohstoffpreise sinken, was auch auf eine Verlangsamung der Weltwirtschaft hindeutet. Den Zentralbanken hilft das bei ihrem Kampf gegen die Inflation. Der S&P GSCI-Rohstoffindex ist im Jahresverlauf bis Ende vergangener Woche um etwa 11 Prozent gefallen, vor allem weil die Preise für Energie, Metalle, Getreide und andere Rohstoffe zurückgingen.Der Preis für Erdgas ist in Europa regelrecht eingebrochen. Fast alle Rohstoffe sind günstiger geworden. Auch Nischenmaterialien wie Glas sind gesunken. Der Preis für Kupfer, das aufgrund seiner Verwendung in allen Bereichen von Gebäuden bis hin zu Autos als Indikator für die Verfassung der Weltwirtschaft gilt, ist in diesem Jahr um 1,3 Prozent gesunken. Ein wichtiger Grund dafür ist die schwache Dynamik in der verarbeitenden Industrie, insbesondere in China, dem weltweit größten Metall- und zweitgrößten Ölverbraucher.

 

Die Hoffnungen der Händler auf einen nach der Pandemie einsetzenden Anstieg der chinesischen Nachfrage nach Industriematerialien und Energie haben sich nicht erfüllt. Das liegt zum Teil daran, dass Chinas Aufschwung vor allem von Dienstleistungen getrieben wird und nicht von den ressourcenintensiven Sektoren der verarbeitenden Industrie und des Baugewerbes, die Basis früherer Aufschwünge waren.

 

"Die Industrie war gezwungen, einen Gang runterzuschalten", sagt Caroline Bain, Chefvolkswirtin für Rohstoffe bei Capital Economics. Die chinesischen Importe von halbraffiniertem Kupfer seien in den ersten vier Monaten des Jahres 2023 im Vergleich zum Vorjahr um 13 Prozent gesunken.Auch in den USA und Europa geht es den Herstellern nicht gerade gut, selbst wenn die Wirtschaft dank eines stärkeren Dienstleistungssektors insgesamt wächst. Einige Ökonomen sind der Meinung, dass die Wirtschaft durch zunehmend hybride Anpassungsprozesse weniger abhängig vom Öl geworden ist.

 

Der Preisverfall bringt die Preise weitgehend wieder auf das gewohnte Niveau zurück. Dennoch ist es nicht jenes Niveau, das auf ein signifikantes Überangebot oder einen wirtschaftlichen Schock hindeutet. So wurde Rohöl der Sorte Brent zuletzt mit rund 77 US-Dollar pro Barrel gehandelt, was in etwa dem oberen Ende der Preisspanne entspricht, in der sich die Benchmark zwischen 2015 und Anfang 2022 bewegte.

 

"In einer Rezession sinkt die Nachfrage nach Rohstoffen", sagt Arlan Suderman, leitender Rohstoffökonom bei der StoneX Group, einem Maklerunternehmen. "Wir kommen endlich zu Daten, die eine geringere Nachfrage nach Rohstoffen belegen".Ein Silberstreif am Horizont für Verbraucher und Finanzmärkte ist, dass sich die billigere Energie allmählich in einer verlangsamten Inflation niederschlägt. Dies könnte die Fed und andere Währungshüter wie die Europäische Zentralbank und die Bank of England dazu bewegen, die Zinsen zu senken. Höhere Zinssätze werden die Nachfrage nach Rohstoffen wahrscheinlich noch mehr dämpfen, so Darwei Kung, der bei der DWS Group für Rohstoffinvestitionen zuständig ist. Das ist auch ein Grund, warum er auf niedrigere Energie- und Industriemetallpreise setzt.

 

In Europa werden Haushalte und Unternehmen den Rückgang der Großhandelspreise für Gas und Strom nicht so schnell spüren, was zum Teil darauf zurückzuführen ist, dass die Regierungen zuvor Maßnahmen ergriffen hatten, um den Preisanstieg zu bremsen.Einige Analysten gehen davon aus, dass sich die Rohstoffpreise eher abflachen als weiter zu fallen. Sie erwarten, dass die Kürzungen der Opec+ das Ölangebot in der zweiten Jahreshälfte verringern werden. Die Metalle könnten durch die hohen Ausgaben für das Stromnetz in China und längerfristig durch die Nachfrage nach Materialien, die für die grüne Revolution benötigt werden, Auftrieb erhalten.

 

Im Moment sagen jedoch viele, dass die hohen Zinssätze und die Flaute in der Industrie für Entspannung an der Preisfront sorgen könnten. "Die Zentralbanken in den Industrieländern treten ganz schön auf die Bremse", so Nitesh Shah, Leiter der Rohstoffforschung beim börsengehandelten Fondsanbieter WisdomTree.MBI/DJN/emv/9.6.2023

 

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