15.12.2021 - Novelle der Gasrichtlinie/EU-Kommsision will die Wasserstoffinfrastruktur fördern
BRÜSSEL -- Die EU-Kommission hat am Mittwoch eine Änderung der dritten Gasbinnenmarktrichtlinie vorgeschlagen. Dabei geht es vorrangig um die Dekarbonisierung der Gasmärkte durch Förderung von Wasserstoff und Senkung der Methanemissionen. Gleichzeitig schlägt die Kommission neue Regeln für Gaseinkäufer und Gasverbraucher in der EU vor. Die Gesetzesinitiativen sind Teil des im Juli vorgelegten Klimapakets "Fit for 55" mit dem Ziel, bis 2030 mindestens 55 Prozent der Treibhausgase zu reduzieren und bis 2050 klimaneutral zu werden.
"Ein Schlüsselelement dieses Übergangs ist die Schaffung eines wettbewerbsfähigen Wasserstoffmarktes mit entsprechender Infrastruktur", erklärte EU-Energiekommissarin Kadri Simson in Brüssel. "Wir schlagen auch strenge Regeln für Methanemissionen aus Gas, Öl und Kohle vor, um die Emissionen in diesen Sektoren bis 2030 um 80 Prozent zu senken und Maßnahmen zur Bekämpfung von Methan außerhalb der EU anzustoßen", führte Simson aus.
Darüber hinaus will die Kommission mit weiteren Maßnahmen die Sicherheit der Gasversorgung stärken und den EU-Ländern Instrumente in die Hand geben, um gemeinsam gegen Preisschocks vorgehen zu können. Laut Simson soll insbesondere die Koordination bei der Gasspeicherung in der EU verbessert und "freiwilliger gemeinsamer Erwerb von Gasreserven" ermöglicht werden.
Die Novelle der EU-Gasrichtlinie sieht auch die Schaffung eines neuen Europäischen Netzes der Netzbetreiber für Wasserstoff (ENNOH) vor. Sie soll eine spezielle Wasserstoffinfrastruktur, die grenzüberschreitende Koordinierung und den Aufbau von Leitungen fördern, um den Zugang von erneuerbaren und kohlenstoffarmen Gasen zum bestehenden Netz zu erleichtern. In diesem Zusammenhang sollen die Tarife für grenzüberschreitende Verbindungen abgeschafft und die Tarife an den Einspeisepunkten gesenkt werden.
Zudem schlägt die EU-Kommission ein Zertifizierungssystem für kohlenstoffarme Gase vor. Dies soll für gleiche Bedingungen bei der Bewertung der Treibhausgasemissionen verschiedener Gase sorgen. Langfristige Verträge für herkömmliches Erdgas sollen nicht über das Jahr 2049 hinaus verlängert werden.
Verbraucher sollen künftig leichter den Gasanbieter wechseln können. Dazu sollen sie mehr Vergleichsinstrumente an die Hand bekommen, um etwa zwischen erneuerbaren bzw kohlenstoffarmen Gasen und fossilen Brennstoffen wählen zu können.
Angesichts der stark steigenden Gaspreise auf den globalen Märkten will die Kommission langfristig auch die Versorgungssicherheit in der EU stärken. Im Falle von Engpässen soll kein Haushalt in Europa allein gelassen werden, heißt es in dem Kommissionsvorschlag. Bei der Gasspeichern wird ein neuer strategischer Ansatz eingeführt, indem die Speicherung in die Risikobewertung auf regionaler Ebene einbezogen wird. Der Vorschlag ermöglicht auch die freiwillige gemeinsame Beschaffung durch die Mitgliedstaaten, um im Einklang mit den EU-Wettbewerbsregeln strategische Vorräte anzulegen.
Gleichzeitig schlägt die Kommission die Verringerung von Methanemissionen im Energiesektor vor. So sollen künftig die Unternehmen im Öl-, Gas- und Kohlebereich die Methanemissionen messen, melden und überprüfen, um Methanlecks zu erkennen und zu reparieren. Auch das Abfackeln soll in Zukunft begrenzt werden. Darüber hinaus sollen bei Energieimporten aus Drittstaaten die Methanemissionen besser erfasst werden. Die EU-Länder werden angehalten, Pläne zur Senkung der Methanemissionen aufzustellen.
Über die Kommissionsvorschläge müssen jetzt EU-Parlament und -Regierungen beraten. Aus dem Parlament kamen bereits erste kritische Stimmen zu dem Gas- und Wasserstoffpaket der Kommission. "Vorschläge zur Erleichterung des Wechsels von Gas- und Wasserstoffanbietern sowie Transparenzvorgaben gehen in die richtige Richtung", erklärte der CDU-Europaabgeordnete Markus Pieper. Beim Markthochlauf von Wasserstoff müsse die Kommission jedoch "dringend nachbesser", forderte er. Unverständlich sei, dass nur direkte Zulieferungen von grünem Wasserstoff in die Betriebe erlaubt werde, nicht aber indirekte Verträge, "die Wasserstoffproduktion an anderer Stelle ermöglichen."
Der EU-Abgeordnete Michael Bloss von den Grünen kritisierte, dass die Vorschläge nicht ausreichend auf Klimaneutralität ausgerichtet seien. Nach Ansicht des klimapolitischen Sprechers der Grünen verlängern sie "das fossile Zeitalter oder schaffen im besten Falle Anreize zur Fehlinvestition." Die Kommission konzentriere sich stark auf den Markteintritt "kohlenstoffarmer Gase". Darunter falle auch Wasserstoff, der nicht durch 100 Prozent erneuerbare Energien produziert worden ist.
Ali Uluçay
MBI/aul/15.12.2021
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