21.02.2023 - Gefahr von Geldwäsche im EU-ETS nimmt mit steigendem CO2-Preis zu

 Das Risiko von Geldwäsche im europäischen Emissionshandelssystem (EU-ETS) ist aktuell hoch und wird angesichts des mittlerweile erreichten Preisniveaus noch steigen. Zu diesem Schluss kommt die neue EU-weite Studie "EU-ETS - Erkennung, Prävention und Bekämpfung von Geldwäsche im Emissionshandel"(https://t1p.de/z9h1o) von Kai Bussmann. Der Professor für Strafrecht und Kriminologie an der Juristischen und Wirtschaftswissenschaftlichen Fakultät der Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg hat dafür im Unionsregister aktive Unternehmen und kontobevollmächtigte Personen im Auftrag des Umweltbundesamtes befragt.Es haben 29 Mitgliedstaaten des EU-ETS sowie die Schweiz an der Studie teilgenommen. Im Hauptteil der Studie erfolgte von November 2020 bis Februar 2021 eine webbasierte Befragung von 1.889 Inhabern von Anlagen- und Luftfahrzeugbetreiberkonten und 222 Handelskonten. Die Rücklaufquote betrug bezogen auf alle angeschriebenen Kontoinhaber 32,3 Prozent.Auf der Basis der Angaben der Befragten zu auffälligen Transaktionsmustern gelangt die Studie zu hochgerechnet rund 3.300 Transaktionskonstellationen innerhalb von zwei Jahren, die einen Verdacht auf Geldwäsche begründen. Bei rund der Hälfte der Fälle könne es sich um das Verbergen des wahren wirtschaftlich Berechtigten handeln. Das Risikopotenzial dürfte jedoch sehr viel höher sein, schreibt Bussmann. "Der Emissionshandel wird für Geldwäsche aufgrund des mittlerweile erreichten Preisniveaus erheblich an Attraktivität gewinnen. Bei anhaltenden Defiziten im Compliance-Management der Kontoinhaber dürften die Risiken der Geldwäsche im EU-ETS weiter deutlich zunehmen", warnt er.Zu den Typologien für einen Verdacht auf Geldwäsche gehört es, wenn bei Interessenten ein auffällig geringes Interesse an einem wirtschaftlich sinnvollen Handel besteht. Die von den Befragten genannten Firmensitze der Interessenten verdächtiger Geschäftsanbahnungen streuen innerhalb der Länder im EU-ETS. Allerdings wurden sowohl von NichtHändlern als auch Händlern auffällige Transaktionskonstellationen mit Firmensitz in UK überdurchschnittlich häufig genannt. Allerdings gehört UK auch zu den Ländern mit Geschäftspartnern, auf denen die größten Handelsvolumen entfallen. Die befragten Inhaber von Anlagen- und Luftfahrzeugbetreiberkonten berichteten am häufigsten von Fällen mit Firmensitz der Interessenten in folgenden Ländern, wobei hier ebenfalls die volumenstärksten ausländischen Handelspartner angesiedelt sind: Niederlande, Spanien, UK, Deutschland, Italien, Ungarn und Frankreich. Demgegenüber wurde von Inhabern eines Handelskontos am häufigsten von auffälligen Transaktionsangeboten und Interessen mit Firmensitz in Polen, Bulgarien und UK.Bei den von Anlagen- und Luftfahrzeugbetreibern berichteten Verdachtsfällen handelte es sich zu über zwei Drittel (70 Prozent) um kleinere (avisierte) Transaktionsvolumen von bis zu 15.000 Tonnen. Allerdings gehört es zur üblichen Geldwäschepraxis mit kleineren Stückelungen allmählich Vertrauen und eine Handelsbeziehung aufzubauen. Demgegenüber bewegten sich die von Inhabern eines Handelskontos genannten Fälle großenteils in anderen Größenordnungen. Bei über einem Drittel der auffälligen Fälle (36 Prozent) lag das avisierte Volumen bei über 400.000 Tonnen und nur bei rund einem Viertel (29 Prozent) sollten Volumen von bis zu 15.000 Tonnen gehandelt werden.Im EU-ETS treten besonders häufig Fälle auf, bei denen der Counterpart in der CO2-Branche unbekannt war (n=851 Fälle). Die ist insofern ungewöhnlich, als es sich hier um einen relativ übersichtlichen Markt handelt, in dem nur CO2 abgabepflichtige Unternehmen und ein relativ kleiner Kreis von Handelskonteninhabern zwar unterschiedlich häufig, aber eher regelmäßig miteinander handeln. Bei der zweithäufigsten Fallgruppe (n=602 Fälle) handelt es sich um Transaktionsofferten von Intermediären ohne eigenes Handelskonto, bei denen ein erhöhtes Risiko des Verbergens des wahren wirtschaftlich Berechtigten und somit von Geldwäsche besteht. Des Weiteren zeigt sich, dass eine Reihe von Fallkonstellationen ebenfalls dem Verbergen des wahren wirtschaftlich Berechtigten dienen könnte.In Relation zu ihrer geringeren Anzahl berichteten die Inhaber von Handelskonten nicht nur insgesamt, sondern auch bei fast allen Verdachtsmerkmalen in Relation zu ihrer Anzahl häufiger über auffällige Fallkonstellationen. Besonders häufig waren nach den Angaben der Händler Konstellationen, bei denen ein hohes Risiko besteht, den wahren wirtschaftlich Berechtigten zu verbergen:► Der Interessent war ihnen in der CO2-Branche unbekannt.► Der Interessent trat nur als Vermittler ohne eigenes Registerkonto auf.Gerade gegenüber Händlern, bei denen der Counterpart eine höhere Expertise und somit Awareness vermuten kann, erstaunen zudem häufigere Fallkonstellationen, wie:► Der Preis der Zertifikate wich deutlich vom aktuellen Börsenpreis ab.► Der Interessent konnte nicht erklären, warum der Handel nicht über Börsen erfolgen soll

 

Aus dieser Studie leitet Bussmann sechs Empfehlungen ab: (1) Softwaregestützte Analysen des Unionsregisters, (2) Kommunikation über Risikolagen und Verdachtsmeldungen, (3) Reformierung des Unionsregisters, insbesondere Einführung einer Transaktionsgrenze für Bargeldzahlungen (4) Transparenz im Unionsregisters über AML-CMS (5) webbasierte Schulungsmaßnahmen durch die nationalen Registerführer. (6) Follow-up Survey zur Entwicklung der Risikolage und des Compliance-Managements.MBI/sir/13.2.2023 

 

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