12.07.2021 - Thünen-Chef Isermeyer/Mehr "Druck und Sog" in Tierwohllabel-Debatte

"Eine tragfähige, umfassende Nutztierstrategie" ist aus Sicht des Präsidenten des Thünen-Instituts, Prof. Folkhard Isermeyer, notwendig für mehr Tierwohl. Was bisher in dieser Hinsicht geschehe, sei nicht kraftvoll genug, erklärte Isermeyer jetzt vor Mitgliedern des Veredelungsausschusses im niedersächsischen Bauernverband, wie der Landvolk-Pressedienst berichtet. Demnach wird der Nutztiersektor nur aus der Defensive kommen, wenn die gesamte Nutztierhaltung in Deutschland in den nächsten 20 Jahren auf ein hohes Tierwohlniveau gebracht wird, so der Experte. Um dieses Ziel zu erreichen, fordert Isermeyer von der Politik, Investitionshilfen sowie laufende Tierwohlprämien zu zahlen und außerdem den ordnungsrechtlichen Rahmen anzupassen.

Es gehe hier um ein schlüssiges Gesamtpaket, betonte der Agrarökonom. "Wir benötigen Druck- und Sog-Instrumente zur Verbesserung des Tierwohls", sagte er. Außerdem müssten das Bau- und das Umweltrecht zusammenpassen.

In seinen Ausführungen beim Landvolk Niedersachsen stellte Isermeyer zudem klar, dass sich die Borchert-Kommission zu den Kriterien für die einzelnen Haltungsstufen bisher noch keine abschließende Meinung gebildet habe. Auch zum Platzbedarf pro Schwein könne es noch Änderungen geben gegenüber jenen Zahlen, die bei der Diskussion des staatlichen Labels veröffentlicht wurden, führte der Chef des Thünen-Insituts aus.

Er hält die Landwirtschaft für nicht gut beraten, hier auf möglichst niedrige Standards für die Tierwohlstufen abzuzielen. Nach der Borchert-Systematik würden höhere Standards auch entsprechend höhere Zahlungen auslösen, so dass sie nicht zu einem Einkommensnachteil führen, erläuterte der Agrarwissenschaftler. Vielmehr sollten die Standards so hoch sein, dass letztlich die Mitte der Gesellschaft mit dem Ergebnis zufrieden sei, meint Isermeyer. Denn für die Zukunft der Tierhaltung werde ein breiter Konsens benötigt - "ein Gesellschaftsvertrag, in dem sich alle Beteiligten, auch Tierschutzorganisationen, wiederfinden können", machte er deutlich.

Der Wissenschaftler wies auch auf noch offene Fragen hin, wie der LPD weiter mitteilte: So etwa, ob Deutschland von der EU die Erlaubnis erhält, mit den Landwirten Verträge abzuschließen, die die Zahlungen für längere Zeiträume von zB 20 Jahren garantieren. Hier gebe es inzwischen Anlass zu vorsichtigem Optimismus, berichtete der Experte. Zu der Frage, wie es um die Anpassung des tierhaltungsbezogenen Ordnungsrechts steht, erklärte er, dass 2030 die Haltungsstufe 0 verboten werden solle und 2040 dann die Stufe 1. Hier müsse in den nächsten Jahren auf EU-Ebene erreicht werden, dass die EU dann keine Absenkung der Förderbeträge verlange, sagte der TI-Präsident.

Der Landvolk-Vizepräsident und Vorsitzende des Veredelungsausschusses, Jörn Ehlers, bewertete die Debatte um das Thema Tierwohl kritisch. Denn er befürchtet immer neue Forderungen an die Landwirtschaft. Entscheidend sei für ihn eine wirtschaftlich auskömmliche Höhe der Tierwohlprämien sowie eine verbindliche Herkunfts- und Haltungskennzeichnung, zitiert der LPD Ehlers.

MBI/jc/ste/12.7.2021

Melden Sie sich für unseren Newsletter an

Sie möchten keine Neuigkeiten mehr verpassen, zu unseren Veranstaltungen oder Informationsdienstleistungen?

Melden Sie sich hier für unseren Newsletter an und wählen Sie die für Sie relevanten Branchen:

  • Stahl
  • NE-Metalle
  • Energie
  • Agrar | Ernährung
  • Kunststoffe
  • Einkauf
  • Europa | Außenhandel | Zoll
  • E-Mobility | H2-Mobility

Weitere Plattformen der MBI Infosource